Notwendigkeiten

In schwierigen Zeiten scheint der Ruf nach einem nanny state, einem starken Fürsorger-Staat, lauter zu werden. Der Mensch sehnt sich nach der fürsorglich waltenden Hand einer Instanz, die ohne Eigennutz ausschließlich die Wohlfahrt des Kollektivs im Sinne hat, einem unsichtbaren Verwalter und Lenker, der Leid, Sorge, existenzielle Ängste nimmt und vorgibt, was richtig und was falsch ist, der für politische Korrektheit sorgt und Gleichheit erzwingt.

Dieser romantisch verklärten, je nach Ausprägung links- oder rechtslastigen Fantasie, wie sie trügerischer nicht sein könnte, wohnt eine Gefahr inne: Eine die Gesellschaft derart lenkende und durchdringende Gewalt, so nobel auch die Intentionen hinter der zugrunde liegenden Moral anfänglich sein mögen, ist anfällig für Einflussnahme durch ideologisch motivierte Gruppierungen, welche durch den starken Staat Mechanismen zur Lenkung der Gesellschaft im Sinne der eigenen Ideologie und Moralvorstellung erhalten.

Dies gilt es, im Sinne der Republik, der persönlichen Freiheit und Eigenverantwortlichkeit der Individuen, zu verhindern. Ganz naiv könnte man denken, dass sich eine Gesellschaft am besten immunisiert, indem die Funktionen des Staats auf das Notwendige reduziert sind, zum Beispiel:

  • Grundversorgung durch ein Grundeinkommen, dafür keine weiteren Sozialleistungen oder staatliche Zuwendungen und nur eine Steuerform, z.B. in Form einer Mehrwertsteuer.
  • Schutz des Staatsgebiets, der Wirtschafts- und der Gesellschaftsordnung.
  • Durchsetzung ökologischer Aspekte.
  • (über weitere Aufgaben kann man diskutieren)

Der Gesellschaft Freiheiten und größtmögliche individuelle Entfaltungsräume zu gewähren durch eine zurückhaltende staatliche Lenkung scheint einfacher, als es in marktwirtschaftlichen Belangen sein könnte. Eine Deregulierung des Markts birgt unter anderem das Risiko der Monopole und Marktdominanz einzelner Unternehmen oder Interessensgruppen.

Die unsichtbare Hand hinter den freien Märkten der Liberalen ist eine Illusion, ähnlich dysfunktional wie die Planwirtschaft der Sozialisten. Ob die Machtkonzentration durch entgleisende wirtschaftliche Mechanismen oder staatliche Strukturen entsteht, ist in der Wirkung auf die Gesellschaft unerheblich – in beiden Fällen ist es schädlich.

Märkte sind von Menschen geschaffene Systeme welche einer maßvollen Regulierung bedürfen. Das eigentliche Problem ist die Dosierung dieser Eingriffe. Mit der ursprünglichen Idee einer ökosozialen Marktwirtschaft schien Österreich gut aufgestellt: sozial, aber nicht sozialistisch; Marktwirtschaft, jedoch nicht kapitalistisch – Ein Weg der Mitte, keine völlige Entgrenzung aber auch kein Diktat. Sind wir noch auf Spur, oder überlassen wir den Links-Rechts-Ideologen, Reglementierern und Polarisierern das Feld?

… und dass Öko im Sinne von ökologisch und nicht ökonomisch zu verstehen ist, wurde offensichtlich im Laufe der Zeit auch vergessen.