Die Kontakt- und Kalender-Diktatur

In Umgebungen mit einer heterogenen Geräte-Infrastruktur ist die Verwaltung von Kontakten und Kalendern eine Herausforderung: Nutzt man Geräte mit Betriebssystemen unterschiedlicher Hersteller, wie Apple, Google und Microsoft, kann das geräteübergreifende Organisieren von Adressbüchern und Kalendern schnell zur Mühsal werden. Die Unternehmen schoten ihre Systeme so tricky wie möglich voneinander ab, damit Austausch bzw. Synchronisation im besten Fall zumindest aufwändig, oder teils überhaupt nur über Drittanbieter machbar sind. Sie errichten mit ihren proprietären Cloud-Diensten – zugespitzt formuliert – Daten-Diktaturen, die uns an ihre Systeme binden sollen und vernachlässigen bewusst die Implementierung quelloffener Schnittstellen. Mit einer unabhängigen Lösung, die selbst gehostet bzw. von einem europäischen Dienstleister angeboten wird, entkommt man der Isolation. In diesem Beitrag demonstriere ich einen Use Case zur geräteübergreifenden Synchronisation von Kalendern und Kontakten anhand des deutschen Dienstleisters mailbox.org.

Nutzt man ausschließlich Geräte und Dienste eines einzelnen Soft-/Hardware-Ökosystems, zB. Apple, ist die Verwaltung von Kontakten und Kalendern kein Problem, da sich die Geräte, in diesem Fall über iCloud, synchronisieren. Nutzt man aber ein oder mehrere Smartphones, Tablets, Laptops und/oder PC’s mit unterschiedlichen Betriebssystemen wie iOS, Windows, MacOS oder Android, wird das schon herausfordernder: Beim Android Smartphone benötigt man üblicherweise einen gmail-Account, der mit eigenem Kalender und Adressbuch daherkommt. Am Apple-Tablet ist man mit seinem iCloud-Account angemeldet, der ebenfalls Kontakte und Kalender beinhaltet. Hat man dann noch berufsbedingt einen Outlook/Office365/Exchange-Account, kommen da schon drei oder mehr unterschiedliche Systeme zur Speicherung von Kalender- und Kontaktdaten zum Einsatz, die sich untereinander leider ausgesprochen inkompatibel zeigen.

In meinem Fall habe ich es mit zwei Exchange-Accounts (Bildungseinrichtungen), einem gmail-Education-Account, einem privaten MS-Account mit Office 365, einem beruflichen MS-Education-Office365-Account und drei privaten gmail-Accounts zu tun. Um die Abhängigkeit von amerikanischen Dienstleistern etwas zu verringern, nutze ich privat noch einen mailbox.org-Account – und genau dieser ist für mich der Schlüssel zum unabhängigen Kalender- und Kontaktmanagement.

sicherheit und nachhaltigkeit

Aus der Sicht eines Europäers sollte man sich bewusst machen, wie abhängig man von außereuropäischen Dienstleistern ist. Mann stelle sich nur vor, Microsoft wäre ein russisches Unternehmen, dann würde bei uns jetzt einiges an IT-Infrastruktur aufgrund der beiderseitigen Sanktionspolitik im Ukraine-Konflikt still stehen.

Auch nicht außer Acht gelassen werden darf das Thema Datenschutz, Datenzusammenführung und Spionage, welches zwar oft nicht unmittelbar in eigenen Lebensbereichen erlebbar oder in Form von Auswirkungen spürbar, aber doch immer latent mit hohem Gefahrenpotenzial präsent ist. Es empfiehlt sich somit eine anbieterunabhängige, europäische Lösung zur Datenspeicherung, wo immer dies ohne größere Aufwände oder funktionalen Einschränkungen möglich ist. Die EU hat die besten Datenschutzstandards weltweit, wir sollten daher unsere innereuropäischen Dienstleister und Standorte stärken, was bekanntlich schon beim individuellen Nutzungsverhalten beginnt.

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Mein Use Case

Der Gerätepark, auf welchem ich synchronisierten Zugriff auf Kalender, Kontakte und Mails haben möchte, sieht wie in der folgenden Grafik aus: Hard- und Software unterschiedlicher Anbieter – maximaldivers, aber kaum untereinander kompatibel. Die Lösung: Eine selbst gehostete Nextcloud oder ein Anbieter wie mailbox.org, tutanota oder posteo können Daten (Mails, Kalender, Kontakte, Dateien…) zentral speichern und per webDAV, calDAV und cardDAV zugänglich machen.

WebDAV

= Web-based Distributed Authoring and Versioning
Unterstützung für WebDAV ist in allen gängigen Webservern und in vielen Dateimanagern implementiert. Microsoft unterstützt es wie ein herkömmliches Dateisystem, Apple seit macOS, so wie auch jede größere Linux-Distribution Schnittstellen anbietet. Im Lieferumfang des Apache HTTP Server befindet sich das DAV-Modul mod_dav. Weiters wird es auf Android, iOS und einigen anderen Smartphone-Betriebssystemen nativ oder per Drittanbieter-App unterstützt. Owncloud, Nextcloud und EGroupware sind PHP-basierte Cloud-Speicherdienste und bieten vollständige webDAV-Unterstützung.

CalDAV und cardDAV sind Netzwerkprotokolle, die auf Kalender- und Kontaktdaten per webDAV zugreifen können. Diese beiden Konzepte nutze ich für die Synchronisation über mehrere Plattformen hinweg.

Mailbox.org

Die Heinlein Support GmbH, die seit 1992 im Geschäft ist, betreibt mit mailbox.org eine Dienstleistung, die günstig, flexibel und vergleichsweise sicher ist. Sicherheitsmaßnahmen sind zB. DigiCert-Sicherheitszertifikate, PFS Perfect Forward Secrecy, DNSSEC, DANE/TLSA, HSTS, CAA, CSP, MTA-STS, X-XSS, IP-Stripping, Hidden onion Services über Tor, BSI-Zertifikat usw. Zusätzlich wird der Serverstandort in Berlin mit 100 % Ökostrom versorgt. <sarkasmus>Solange also bei etwaigen zukünftigen Silvesterkrawallen keine verirrte Pyrotechnik den Server trifft, sind die Daten dort auch soweit sicher.</sarkasmus>

Das E-Mail-Postfach um 1 € pro Monat beinhaltet neben ausreichend Speicherplatz für Mails auch Mail-Aliases, sowie Kalender und Adressbuch, welche per webDAV, calDAV und cardDAV zugänglich sind. Und genau das ist der Dreh- und Angelpunkt meines Kontakt- und Kalendermanagements.

Der DatenUmzug am Laptop oder PC

Der erste Schritt ist, die Kontakte und Kalender, welche man auf allen Plattformen nutzen möchte, in mailbox.org zu importieren. Dies erfolgt am einfachsten direkt in einem Mailprogramm, welches WebDAV out-of-the-box unterstützt. Ich empfehle und nutze dabei Thunderbird (und bereue den Umstieg von Outlook kein bisschen).
Fügt man in Thunderbird alle Accounts (zB. gmail, outlook.com, iCloud, gmx, …) hinzu, stehen nun die Kontakte und Kalender – natürlich auch die Mails – in dem Programm zur Verfügung. Anschließend verschiebt man die Kontakte ins mailbox.org-Adressbuch. Kalender können ebenfalls importiert bzw. die Termine direkt im Kalenderfenster von Thunderbird per Doppelklick auf den mailbox.org-Kalender umgestellt werden. Thunderbird synchronisiert die Kalender und Kontaktdaten bidirektional mit dem Server dav.mailbox.org. Die erfolgreiche Synchronisation kann man im Webinterface von mailbox.org kontrollieren. Thunderbird erkennt auch automatisch, ob calDAV oder cardDAV bei den eingebundenen Accounts verfügbar ist. Es kann natürlich auch nur ein Kalender (ohne Mailaccount) mittels calDAV eingebunden werden, wie auf den Supportseiten von mailbox.org ausführlich erklärt wird.

… und auf den mobilen Geräten

Unter iOS ist webDAV kein Problem, die Konten können unter „Accounts -> andere“ als calDAV und cardDAV hinzugefügt werden und sind sofort bidirektional synchronisiert verfügbar. Unter Android nutzt man zB. Hilfsprogramme wie DAVx5. Dieses stellt Kontakte, Kalender und Aufgaben dem Google-Kalender oder anderen Kalendern zur Verfügung. Natürlich kann man auch zB. schlichter Kalender usw. nutzen, die direkt webDAV-Einbindung unterstützen.

Zusammenfassung

Mit einem Mailaccount bei mailbox.org bekommt man nicht nur eine Mailadresse eines sicheren, europäischen Anbieters, sondern auch webDAV mit calDAV und cardDAV. Damit können Kontakt- und Kalenderdaten zentral gespeichert und auf verschiedenste mobile und stationäre Endgeräte bidirektional synchronisiert werden. Auf dem Desktop-PC können mit dem Open-Source-Mailclient Thunderbird sowohl Mails als auch webDAV-basierte Kontakte und Kalender verwaltet und genutzt werden – sicher, nachhaltig, ökologisch und unabhängig von den Datenschutz-Problembären Microsoft, Apple, Google und Konsorten.

Noch unabhängiger ist man mit einer selbst gehosteten Nextcloud, die ebenso WebDAV unterstützt. Das ist aber aufgrund des selbst betriebenen Servers für die Mehrheit der User eher nicht alltagstauglich. Übrigens eignet sich WebDAV auch sehr gut für die Synchronisation und Cloudspeicherung von Fotos, die mit verschiedenen Geräten erstellt und synchronisiert werden.