Bitcoin-Rodeo

Im März kündigte Elon Musk an, Tesla würde zukünftig auch Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren. Der Kurs dieser höchst volatilen Digitalwährung zog daraufhin rapide an. Nur zwei Monate später hat es sich der wankelmütige Musk nun anders überlegt und Tesla akzeptiert plötzlich doch keine Bitcoins.

Die gegenwärtigen Ereignisse rund um die Musk-Tweets und deren Einfluss auf den Bitcoin-Kurs machen uns mindestens zwei Dinge deutlich. Einerseits, dass mit Digitalwährungen nur jener spekulieren sollte, der einen finanziellen Verlust verkraften kann. Andererseits aber auch, dass angesichts hoher potenzieller Gewinne der Umweltschutz auf einmal Nebensache ist.

Trotz all den Vorteilen einer von staatlicher Kontrolle entfesselten Digitalwährung sind die Konsequenzen für die Gesellschaft gegenwärtig scheinbar eher von überwiegend negativer Natur. Selbst wenn man Musk, der im Februar noch 1,5 Milliarden Dollar in die Digitalwährung investiert, den Kurs im März mit einem Tweet in die Höhe treibt und nun im Mai durch einen einzigen Tweet abstürzen lässt, keine böswillige Absicht unterstellt, zeigt es zumindest doch die Anfälligkeit für Kursmanipulationen bei Bitcoin und Altcoin. Gut für Tesla, dass bereits vor dem aktuellen Kurseinbruch Bitcoin im Wert von mehreren hundert Millionen Dollar wieder zurückgewechselt wurden. Laut Quartalsbericht wurden dadurch ca. 100 Millionen Dollar Gewinn erwirtschaftet. Da Tesla bereits im Februar zu einem Kurs von ca. 38.000 Dollar einstieg, besteht auch nach dem aktuellen Absturz auf 50.000 Dollar immer noch ein schönes Plus.

Ein Vergleich macht die ökologischen Aspekte der Situation greifbar: Forscher der Universität Cambridge haben errechnet, dass der Elektrizitätsbedarf allein für Bitcoin-Mining rund 150 Terawattstunden pro Jahr ausmacht – das entspricht dem Jahres-Strombedarf der Niederlande. Insgesamt wurde bereits allein für die Bitcoin-Erzeugung der Jahres-Strombedarf Brasiliens durch den SHA-256-Algorithmus verbraten. Ein Großteil der Energie kam dabei aus fossilen Brennstoffen. Natürlich gibt es bei den Proof-of-Work-Digitalwährungen einen Break-even-Point, nur wird dieser durch technologische Entwicklung auch immer weiter nach hinten geschoben. Auf die Verknappung und die Preisexplosion bei Grafikkarten möchte ich dabei gar nicht mehr extra eingehen. Übrigens wird dies auch bald SSD und evtl. HDD betreffen, da mit Chia eine Digitalwährung emporsteigt, die den Proof-of-Space nutzt. Eine durchschnittliche SSD ist beim Chia-Mining etwa nach zwei Monaten nur mehr stark eingeschränkt oder gar nicht mehr nutzbar aufgrund der vielen Schreib- und Lesevorgänge. Mehr Elektroschrott also.

Was zeigt uns das? Zumindest mal, dass Digitalwährungen aktuell dem Glücksspiel zuzurechnen und entgegen ihrer Intention höchst manipulierbar sind. Ist das ein Problem? Eigentlich nicht, manche verlieren, andere gewinnen, so ist das im Finanzcasino und beim Kursrodeo. Die Sache geht nur ordentlich auf Kosten der Umwelt, der Kleinanleger, der Naiven und jener, die Hoffnung auf eine Demokratisierung des Finanzwesens hatten.

Bitcoin Energieverbrauch Okt 2019 bis Mai 2021. Quelle: cebeci.org

Übrigens ist die Begründung Musks für die Abkehr von Bitcoin etwas fadenscheinig. Den Umweltaspekt kannte er vorher auch schon.

Die Kurse werden wieder steigen – und fallen. Vielleicht twittert Musk bald ja wieder in Richtung Bitcoin, nachdem er jetzt ja günstig einkaufen könnte. Der Fehler liegt aber nicht unbedingt bei Digitalwährung und Blockchain selbst, sondern eher bei den Akteuren, den Rahmenbedingungen und der Art der Energieerzeugung.